Haltefristen für Bitcoin und andere Kryptowährungen

Haltefristen für Bitcoin und andere Kryptowährungen

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Das Bundesministerium der Finanzen hat ein BMF-Schreiben zur Ertragsbesteuerung von virtuellen Währungen und sonstigen Token veröffentlicht. Die mit Abstand wichtigste Neuerung: Die 10 Jahre Haltefrist bei Staking und Co. ist in Deutschland Geschichte. In diesem Artikel schauen wir uns das BMF Schreiben an und erklären, was es mit der Haltefrist auf sich hatte.

Das neue BMF-Schreiben ist nicht nur eine Erleichterung für tausende Krypto-Nutzer*innen in ganz Deutschland, sondern zugleich auch ein positives Zeichen für den gesamten Krypto-Standort. Einen großen Anteil an diesem Erfolg gebührt den vielen Verbänden, Praktikern und Interessenvertretern, darunter auch Blockpit, die sich im Rahmen der Anhörung vom Sommer 2021 immer wieder mit Hinweisen und Stellungnahmen an das Bundesministerium der Finanzen gewandt haben. Letztlich ist dieses Schreiben auch ein Erfolg der gesamten deutschen Krypto-Community. In der offiziellen BMF-Pressemitteilung äußert sich die parlamentarische Staatssekretärin Katja Hessel wie folgt: 

„Bei Privatpersonen ist der Verkauf von erworbenen Bitcoin und Ether nach einem Jahr steuerfrei. Die Frist verlängert sich auch dann nicht auf zehn Jahre, wenn etwa Bitcoin zuvor für Lending genutzt wurden oder die Steuerpflichtigen beispielsweise Ether einem anderen für dessen Blockerstellung als Stake zur Verfügung gestellt haben.“

Damit liegt erstmals eine bundesweit einheitliche Verwaltungsanweisung zum Thema vor. 

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie es überhaupt erst zur Diskussion um die 10 Jahre Haltefrist bei Kryptos kam, dann lies hier einfach weiter. In diesem Artikel erfährst du nämlich alles zum Ursprung des Containermodells und unserer Auslegung, die wir seit Anbeginn der Debatte vertreten haben und die mit dem neuen BMF-Schreiben jetzt auch ganz offiziell bestätigt wurde. 

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Da mit Kryptowährungen wie Bitcoin neben Gewinnen aus Veräußerungsgeschäften auch passives Einkommen erzielt werden kann, haben sich viele Investoren ausgiebig mit den steuerlichen Konsequenzen solcher Tätigkeiten (Staking, Mining, Masternodes, Forks) auseinandergesetzt.

Dabei wird oft darüber diskutiert, ob sich bei einer Einkünfteerzielung durch Kryptowährungen die Haltefrist von einem auf 10 Jahre verlängert.

Eine Haltefristverlängerung würde sich negativ auf die Attraktivität von Proof of Stake, Masternodes, u.a. auswirken und damit dem Innovationsstandort Deutschland schaden.

Hintergründe der Haltefristverlängerung auf 10 Jahre

Hintergrund dieser Diskussion ist der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG genannte Gesetzeswortlaut: „Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre.“ Bei reiner Betrachtung des Gesetzestextes lässt der Wortlaut kaum Spielraum für Interpretation. Deshalb werden folgend die Entstehung und Urteile zu jener Haltefristverlängerung genauer betrachtet.

Ursprung der Haltefristverlängerung ist das Unternehmensteuerreformgesetz aus dem Jahre 2008. Die Einführung sollte Steuersparmodelle – sog. Containerleasingmodellen – verhindern, bei denen neben Einkünften aus einer Vermietungstätigkeit steuerfreie Veräußerungen von Containern zu attraktiven Investitionsanlagen wurden.

Beispiel einer Haltefristverlängerung auf 10 Jahre

Bei diesen Steuersparmodellen wurden von speziellen Gesellschaften Container angekauft. Investoren hatten die Möglichkeit diese Container zu kaufen, und Verwaltungs- und Vermietungsverträge mit gesicherten Mieten abzuschließen. Vorteilhaft war für die Investoren, dass sie sich nicht um die Verwaltung sowie um den Verkaufsprozess kümmern mussten. Käufer der Container erzielten durch die Vermietungstätigkeit Einnahmen aus sonstigen Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG. Da Container einer Abnutzung unterliegen, wurden die Mieteinahmen um die sog. Absetzung für Abnutzung (AfA) gemindert. Die Höhe der Abschreibung wird gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG grundsätzlich durch die gewöhnliche Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes bestimmt, es besteht jedoch auch die Option auf Pauschalen der Finanzverwaltung zuzugreifen.

Im Falle der vermieteten Container beläuft sich die pauschal vom Bundesministerium festgelegte Nutzungsdauer auf 10 Jahre. Die jährlichen Mieteinkünfte wurden somit durch die pauschale AfA i.H.v. 10% der Anschaffungskosten des Containers verringert. Da die tatsächliche jährliche Abnutzung jedoch regelmäßig nicht den vorgeschrieben 10% entsprach, lag der vereinbarte Rückkaufswert erheblich über dem steuerlichen Buchwert.

Diese Diskrepanz zwischen steuerlichem Buch- und tatsächlichen Marktwert würde jedoch spätestens bei Veräußerung im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäftes i.S.d. § 23 EStG durch jeweilige Anpassungen der Anschaffungskosten berücksichtigt. Da jedoch vor der Einführung der Haltefristverlängerung Gewinne aus solchen Steuersparmodellen nach einem Jahr steuerfrei waren, wurde die Differenz zwischen Buch- und Marktwert trotz Berücksichtigung bei den Mieteinahmen bei der Veräußerung nicht besteuert. Um dem entgegenzuwirken wurde die Haltefrist für derartige Investitions- und Steuersparmodelle auf 10 Jahre angehoben.

Bei teleologische Auslegung (Sinn und Zweck der Norm) des Gesetzes kann die Haltefristverlängerung nicht sinnwahrend auf Kryptowährungen wie Bitcoin oder Dash angewendet werden.

Stellungnahmen des Bayerischen Landesamtes für Steuern

Weiterhin existiert ein Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Steuern für Fremdwährungen in Bezug auf eine mögliche Haltefristverlängerung. Dieses Schreiben zeigt, dass auch Abweichungen von der grammatikalischen Auslegung des Gesetzestextes möglich sind, und andere Auffassungen vertreten werden können. Konkret bezieht sich das Schreiben auf die Haltefristverlängerung bei einer Festanlage von Fremdwährungen und daraus resultierenden Zinsen. Fraglich war in diesem Zusammenhang, ob die Zinsen der Geldanlage Einkünfte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 S. 4 EStG darstellen, und somit eine Haltefristverlängerung begründen könnten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich in diesem Fall gegen eine Verlängerung der Haltefrist entschieden.

Der Grund lag darin, dass die erhaltenen Zinsen der Festgeldanlage nicht aus dem Wirtschaftsgut Fremdwährung, sondern vielmehr aus der auf Fremdwährung lautenden Kapitalforderung stammen. Auch Kryptowährungen wie Bitcoin können als selbstständiges Wirtschaftsgut definiert werden. Vergütungen auf Basis von Kryptowährungen wie bei Bitcoin-Mining der Block-Reward stellen Entgelt für die zur Verfügung gestellten Leistungen dar. Auch bei Masternodes werden die erhaltenen Zahlungen nicht durch die Sicherheitseinlage i.H.v. 1000 Dash Coins begründet. Vielmehr wird die Bereitstellung von Leistungen i.S.v. anonymen Transaktionen etc. vergütet. Analog gilt dies auch für andere Einkunftsarten wie Staking etc. Aufgrund dessen ist es auch bei Kryptowährungen wie Bitcoin möglich, das Wirtschaftsgut und die Vergütungen voneinander getrennt zu betrachten.

Die Zuflüsse des Steuerpflichtigen stellen somit keinen Ausfluss des Wirtschaftsgutes, i.S.d. der Kryptowährung dar, womit eine Verlängerung der Haltefrist nicht in Betracht kommen sollte.

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